Neue Kooperation mit der Uni Graz

Herbert Wölger (Geschäftsführer Natioanlark Gesäuse) und Peter Riedler (Rektor Universität Graz) unterzeichnen feierlich die Kooperationsvereinbarung auf der Kölblalm © R. Vilgut Herbert Wölger (Geschäftsführer Natioanlark Gesäuse) und Peter Riedler (Rektor Universität Graz) unterzeichnen feierlich die Kooperationsvereinbarung auf der Kölblalm
Uni Graz erforscht im Nationalpark Gesäuse Klimwandel und Biodiversität

Die Universität Graz und der Nationalpark Gesäuse schließen eine Kooperation und schaffen ein einzigartiges Freilandlabor. Wetter, Wasserquellen, Wald und Insekten liefern wichtige Daten. Forscher:innen werten diese aus und gewinnen so wertvolle Erkenntnisse für die Zukunft unter neuen klimatischen Bedingungen.

Der Nationalpark Gesäuse umfasst etwas weniger als die Fläche der Stadt Graz, gehört aber zu den artenreichsten Regionen Österreichs. Wildes Wasser und steiler Fels formen eine außergewöhnliche Gebirgsregion. Das Gesäuse ist auch ein Hotspot für Endemiten. Zahlreiche Tier- und Pflanzenarten kommen ausschließlich hier vor. Wissenschaftler:innen vom Nationalpark Gesäuse und der Universität Graz beobachten hier Klima, Tier- und Pflanzenwelt. All das fließt nun in eine enge Kooperation zwischen der Universität Graz und dem einzigartigen Schutzgebiet, um die Veränderung des Lebensraums noch genauer zu erforschen.

„Im Nationalpark Gesäuse arbeiten ganzjährig vier Mitarbeiter:innen an der wissenschaftlichen Langzeitbeobachtung (Monitoring). Sie kümmern sich nicht nur um geschützte Tier- und Pflanzenarten, sondern können ebenso den reibungslosen Betrieb von Messeinrichtungen sicherstellen. Die Forschungsergebnisse werden gemeinsam mit den wertvollen Rohdaten von der Nationalparkverwaltung gespeichert und stehen damit auch künftigen Generationen von Forscher:innen in hoher Qualität zur Verfügung“, zeigt sich Alexander Maringer, Leiter für Naturschutz und Forschung im Nationalpark, von der Kooperation überzeugt.

Auch für Herbert Wölger, Geschäftsführer des Nationalpark Gesäuse, ist die Zusammenarbeit besonders wertvoll: „Der Nationalpark Gesäuse ist Prozessschutzgebiet, also Wildnis. Die natürlichen Abläufe können möglichst ungestört ablaufen. Es gibt keine Waldwirtschaft und keinen Schotterabbau.“ Diese Situation biete beste Rahmenbedingungen für ökologische Langzeitforschung. Damit das gelingen kann, brauche es die Expertise der Wissenschaftler:innen der Uni Graz.

„Diese Zusammenarbeit sei ein hervorragendes Beispiel für die Verbindung zwischen Wissenschaft, Natur und Gesellschaft“, sagt Rektor Peter Riedler beim Besuch der Forschungsstationen. „Direkt vor Ort erforschen die Forscher:innen den Einfluss des Klimawandels auf die Region und ganz Österreich.“

Weil der 2002 eingerichtete Nationalpark vergleichsweise jung ist, lassen sich Entwicklungen „zurück zur Natur“ dort ausgezeichnet verfolgen. Daran ist auch Manuela Hirschmugl vom Institut für Geographie und Raumforschung interessiert: „Die extreme Topografie wirkt sich auf das gesamte Ökosystem aus. Steinschlag, Hangrutschungen oder Lawinen sind Teil eines natürlichen Zyklus, der Neues schafft.“

Hirschmugl führt langfristige Messungen von Temperatur oder Niederschlag bis zum Waldbestand akribisch zusammen. Diesen Datenschatz will die Forscherin in einem aktuellen Projekt heben und im Rahmen des EU-Forschungsnetzwerkes eLTER global und frei zugänglich zur Verfügung stellen. Hirschmugl arbeitet auch an Kennzahlen, die für die Zukunft der alpinen Wälder entscheidend sind. „Welche Parameter muss ein Wald aufweisen, um als natürlich zu gelten und wie können wir das kosteneffizient überwachen?“, will die Wissenschaftlerin beantworten.

In den Alpen entspringt die Hälfte des österreichischen Trinkwassers. „Karstquellen wie die Etzbachquelle bilden das zentrale Reservoir unserer Versorgung“, erklären Gerfried Winkler und Thomas Wagner vom Institut für Erdwissenschaften der Uni Graz. „Wir müssen daher abklären, ob und wie sie sich verändern.“ Unter anderem misst das Team laufend die Wassertemperatur und die elektrische Leitfähigkeit sowie die Menge an Wasser pro Sekunde. „Früher gab es einen kompakten Aufbau der Schneeschichten sowie einen regelmäßigen Ablauf von Schneefall und Schmelze. Diese Dynamik hat sich in jüngster Zeit auffällig verändert“, sagt Winkler.

Begleitet wird die Forschung von Winkler durch die Daten des WegenerNet Gesäuse. An 17 Klimastationen in der Region Gesäuse-Johnsbachtal misst das Wegener Center der Universität Graz alle zehn Minuten Daten zu Temperatur, Luftfeuchte, Niederschlag, Schnee, Wind, Strahlung und Luftdruck. An zwei weiteren Stationen werden außerdem Pegel und Wasserzustand des Johnsbaches aufgezeichnet.

Das Besondere: Dieses Forschungsprojekt soll zumindest bis in das Jahr 2100 fortgeführte werden. „Eine Herausforderung ist die oft exponierte Lage der Stationen, die auf Seehöhen zwischen 600 und 2200 Metern jedem Wind und Wetter ausgesetzt sind“, schildert Jürgen Fuchsberger, Informationstechniker am Wegener Center der Uni Graz.

Die Forscher:innen der Uni Graz ziehen aus den Daten der Stationen Rückschlüsse auf die Veränderung des alpinen Klimas. Fuchsberger: „Das WegenerNet misst seit 2007 und trägt mit seiner einzigartigen Stationsdichte wesentlich zur Verbesserung von Wetter- und Klimamodellen bei. Für aussagekräftige Trendberechnungen braucht es aber Messreihen von mindestens 20 bis 30 Jahren.“

Der Grazer Biodiversitätsforscher Christian Sturmbauer testet seit Anfang des Jahres ein effizientes Monitoring-Verfahren von Insekten auf einer Almfläche im Nationalpark Gesäuse. Mit seinem Team sucht er genetische Spuren von Insekten, die sie beim Kontakt auf Wiesenpflanzen hinterlassen. Dazu werden die Gräser und Blüten in sterilem Wasser abgestreift, die darauf vorhandene „Umwelt-DNA“ der Besucher löst sich darin auf und kann untersucht werden. „Auf diese Weise können hunderte Arten gleichzeitig bestimmt werden, ohne sie dem Lebensraum zu entnehmen“, sagt Sturmbauer.

„All diese Erkenntnisse helfen dabei, unterschiedliche Phänomene – von Landschaft über Tier- und Pflanzenwelt bis zum Klima – sowie unsere Umwelt noch besser zu verstehen und in Zukunft lebenswert zu gestalten“, freut sich Joachim Reidl, Vizerektor für Forschung an der Universität Graz, über die Zusammenarbeit.

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